Gottesdienste am Heiligabend

Posaunenkonzert im Juni

Konzert im Mai

Zwei Schienen

Zwei Schienen – je getrennt für sich und doch verbunden miteinander im Gleis. Getrennt und doch nah, verlaufen sie parallel in die Tiefe des Bildes.

Getrennt und doch ganz nah beieinander stehen zwei Sätze, die Paulus im Korintherbrief erwähnt: Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Und: Alles ist mir erlaubt, aber es soll nichts Macht über mich haben. 1.Kor 6,12

Alles erlaubt, das hört sich doch gut an. Oder? Solche Worte öffnen den Blick ins Weite – vielleicht dort hinten, woraufhin die Schienen zulaufen. Was für ein Geschenk es ist, in einem freien Land zu leben? Ermessen kann es, wer sich erinnert an die DDR oder Berichte von Diktatur, totaler Kameraüberwachung, Bestrafung für kleinstes Fehlverhalten.

Bedenken wir, heute können wir verreisen, wohin wir wollen, anziehen und Kopfschmuck tragen, was und wie man will. Viel wichtiger aber ist mir, dass ich meine Meinung sagen darf, ohne Angst vor repressiven Konsequenzen haben zu müssen. Unser Christsein dürfen wir leben, ohne uns verstecken zu müssen – auch wenn wir damit in unserer Umwelt nicht mehr auffallen.

Alles erlaubt, so beginnen beide Sätze. Sie öffnen damit die Grenzen ins Land der Freiheit, wohin die Schienen führen mögen. Und zugleich fangen sie die Gefahr uferloser Freiheit ein, regen an zu fragen: Dient dieses Erlauben auch zum Guten?

Denn wenn meine Freiheit die Würde anderer verletzte oder auf Kosten der Zukunft ginge, dann bräuchte meine Freiheit ein „Aber“, eine selbst gewählte Grenze. Und auch dort, wo ich mir selber schadete, sollte ich mir Einhalt gebieten. Denn auch das ist mir erlaubt: mein Freiheitsrecht hintenanzustellen, um anderer oder meiner selbst willen: Ich kann überprüfen, ob mein Handeln und Reden möglicherweise mein Gegenüber verletzte, weil es ihm z. B. heilig ist. Ich kann auf das verzichten, was mir selber schadete. Ich kann um der Liebe und des Guten willen, dem was mich zu beherrschen versucht, eine Absage erteilen.

Zwei Sätze – zwei Schienen – getrennt und doch nah verbunden, führen sie gemeinsam ins Weite, ins Land möglicher Freiheit. Dabei begrenzt – einfach und ebenso umfassend – begrenzt durch das Gute und die Liebe. Nicht alles, was ich tun kann, ist auch gut und nützlich, schenkt Respekt und Würde – mir und anderen!

Pfarrer Steffen Richter

Ostern 2024

Schwarz und dominant, so heben sie sich ab vor dem grellen Hintergrund, die drei Kreuze! Schrecken einflößend, strecken sie sich empor.

Wie ausgestreckte Zeigefinger weisen sie in den flammenden Morgenhimmel. Als stünden sie für die Karfreitags-Frage:

Was ist Leben, was ist Tod?

Und dann weht ein neuer Wind vom offenen Grab her. Hoffungsvolles Himmelsblau durchzieht das wabernde Gelb-Orange. Ermuntert, aufzustehen, um die Karfreitags-Frage zu klären.

Aufstehen aus Erstarrung und Schrecken. Aufstehen aus der Menge und sich dem eigenen Spiegelbild stellen. Sich neu bewusstwerden: einfach Da-Sein. Das ist der Anfang einer Auferstehung von den Toten.

Darum ruft auch uns der Engel vom Grab her zu: „Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten? Er ist auferstanden, er ist nicht hier!“

Vom Grab weg schickt der Engel die mutigen Frauen. Sie lassen hinter sich die drei Kreuze der Schrecken. Erleben sich getröstet, ermuntert und neu bewegt.

Vielleicht geschieht das bis heute, was die Frauen erleben – auch uns.

Wir verstehen erst später. Sind noch gefangen im Schmerz. Können den Hoffnungsworten nicht glauben. Erst später erkennen wir: Der Weg an den drei Kreuzen vorbei ist einer ins Leben zurück.

In diesem Sinne frohes und gesegnetes Oster-Aufstehen. Wir sehen uns zum Ostergottesdienst, bis dahin…

Pfarrer Steffen Richter