Rückschau Orgelweihe Helbra

Investition und Bekenntnis für die Zukunft

Kirchengemeinde Helbra feierte am Sonntag, dem 21. August 2016, zusammen mit den anderen Gemeinden im Kirchengemeindeverband und vielen Gästen die Wiedereinweihung ihrer Orgel.
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Sie erinnern sich?
Wir nannten sie in den vergangen Jahren scherzhaft–liebevoll „Tante Ju“ – in Anlehnung an das Flugzeug-Model „Junkers 52“. Wie man dem alten Flugzeug absprach, immer noch zu fliegen – so sollte (und konnte auch technisch gesehen) unsere Orgel eigentlich auch nicht mehr spielen. Und dennoch: Sie hat durchgehalten. Die letzten 15 Jahre!
Wunderbar und erstaunlich!!!

Durchgehalten hatte sie, hustend und prustend, quietschend und pfeifend zwar – aber sie gab immer noch nachsingbare Töne von sich, genau so lange, bis das nötige Geld für ihre Verjüngungskur zusammengespart war. Dies wur-de geschafft einerseits dank vieler Spenderinnen und Spender, auch dank dem Kirchenkreis und dem Orgelfond der Landeskirche, anderseits dank auch der handwerklichen Kunstfertigkeiten der Malerfirma Wehrmann (Restaurierung des Orgelgehäuses) und der Orgelbaufirma Wünnig, die für Restauration und Erneuerung der Windladen, der Trakturen und vor allem des Orgelprospektes verantwortlich zeichnete.

Jetzt haben wir sie also wieder – unsere Orgel – frisch restauriert und neu intoniert, so wie sie ihr Erbauer, Gottfried Voigt aus Polleben, vor gut 180 Jahren vermutlich einmal erdachte und für ein langes Leben fertigte. Zum Glück! Und das schätzen wir in unseren Zeiten, die oft dem Verschleiß und Neuerwerb den Vorrang geben, besonders. Damit sind wir in die Lage versetzt worden, über die Amtsvorgänger im Helbraer Pfarramt (Pfr. Schmidt, Pfr. Krüger, Pfr. Söllig) immer noch eine renovierungsfähige Orgel vorzufinden.
Es war ein besonderes Erlebnis mitzuerleben, wie Pfeife um Pfeife wieder in das neu erstrahlende Orgelgehäuse eingebaut wurden, wie dann Ton für Ton überprüft und gestimmt wurde und das Ganze in eine gelungene Harmonie ihrer ursprünglich romantischen Stimmung einmündete, Äußeres und Inneres, Bild und Klang zusammengefügt wurden. Besiegelt durch die Weihe haben wir nun unsere alte Orgel wieder zu neuem Gebrauch zurückgenommen.

Ja, es ist etwas Großartiges, dass ausgerechnet wir hier in Helbra diesen schönen Tag der Orgelweihe erlebten! Kritiker monierten: Gibt es nicht Wichtigeres, als das Geld, wenn es schon mal vorhanden ist, für die Restaurierung einer Orgel in einer Dorfkirche im strukturschwächsten Landkreis von Sachsen-Anhalt auszugeben? Und dann unbedingt eine Orgel? Ein Instrument, das viel Platz braucht und kostspielig ist in Anschaffung und Unterhalt. Oft ist auch keiner da, der sie spielen kann.

Aber natürlich ja! Denn eine Orgelrestauration ist schließlich eine Investition und ein Bekenntnis für die Zukunft. Niemand würde solch ein kostspieliges Projekt umsetzen, wenn er nicht an die Zukunft glaubte, um seine kulturelle Verpflichtung wüsste! Orgelmusik ist ein erhaltenswertes Stück abendländischer Kultur, das es gerade in diesen oft wirren und verzwickten Zeiten als Heilendes und Versöhnendes hochzuhalten gilt. Hören wir denn die Aufforderung des Kolosserbriefes nicht: den Dank unserer Herzen in Psalmen, Hymnen und geistlichen Liedern Gott darzubringen und auch das Wort Christi mit seinem ganzen Reichtum unter uns wohnen zu lassen, einander zu lehren und zu ermahnen in aller Weisheit?
In diesem Sinne ist eine Orgelrestauration eine Investition und Bekenntnis für die Zukunft.

Im Anschluss an diesen schönen und ergreifenden Gottesdienst, in dem die Orgel erstmals unter den fachkundigen Händen und Füßen von Probsteikantor Thomas Ennenbach erklang, versammelten sich die Besucher im Pfarrhof zu Gespräch und Stärkung bei selbstgebackenem Kuchen, den der GKR an die Besucher reichte.

Andere ließen sich bei einer Orgelführung in die „Geheimnisse“ der Trakturmechanik und die Disposition der Orgel einführen, sodass zum Klangerlebnis auch ein technisches Verstehen kam.

Den Festtag schloss ein einzigartiges und musikalisch vielfältiges Orgelkonzert mit Werken u.a. von J.S. Bach, T. Dubois und J.M. Michel ab. Nach mehreren Zugaben gingen die Besucher mit dem Gefühl, irgendwie von Gottes Gnade Gottes angerührt und im Herzen angefüllt zu sein, mit Melodien und Psalmworten, Hymnen und geistlichen Liedern.

Pfr. S. Richter

Herzliche Einladung

Plakat Orgelweihe

Hoch un runger…

… rebber un newwer, so singen gesellige Mansfelder in froher Mundart. Und auch wir wollen unter diesem Motto der Freude über die Wiedereinweihung der Orgel unserer St. Stephanus Kirche zu Helbra Ausdruck verleihen; angeregt vom „Auf und Ab“ des ehemaligen Tastenstandes der Orgelklaviatur.

Orgelklaviatur Helbra

Sonntag, 21. August 2016

in der Helbraer St. Stephanus Kirche

14.00 Uhr Festgottesdienst
zur Wiedereinweihung der Orgel

17.00 Uhr Orgelkonzert

 

Nach langen Jahren des Sparens, Sammelns und Planens ist es nun auch Dank vieler Spenderinnen und Spender vollbracht: Die Orgel erstrahlt in alter-neuer Schönheit und erklingt sowohl in vollem und kräftigen Klang als auch in warm verhaltenen Tönen.
Der Beginn wird durch den Festgottesdienst um 14.00 Uhr gesetzt, worin die Orgel feierlich wieder eingeweiht wird. Sie erklingt zum ersten Mal nach der Restauration unter den kundigen Händen von KMD Thomas Ennenbach, Eisleben. Anschließend ist im Pfarrhof Gelegenheit, bei selbstgebackenem Kuchen und frischem Kaffee zu plaudern und sich zu stärken. Um 16.30 Uhr bietet Thomas Ennenbach allen musikalisch-technisch Interessierten eine Orgelführung an. Um 17.00 Uhr beschließt ein Orgelkonzert den Festtag.
Auch wenn manchem ein „Hoch un runger, rebber un newwer“ schon schwerfällt, lassen Sie sich dennoch herzlich zu diesem einmaligen Ereignis einladen. Überzeugen Sie sich selbst mit eigenen Augen und Ohren, dass dies „Auf und Ab“ lediglich wieder in dem Mansfelder Volkslied seine Berechtigung hat.

Herzlichst Ihr
Pfarrer Steffen Richter

Kreiskirchentag in Eisleben vom 17. – 19. Juni 2016

Kreiskirchentag

Was lange währt, wird letztlich gut…

… so hofft der Gemeindekirchenrat des KGV Helbra und gab nach 15jährigem Spendensammeln und Sparen die Restauration der Orgel der St. Stephanus Kirche zu Helbra – liebevoll „Tante JU“* genannt – in Auftrag (ca. 82.000 EUR bei Eigenanteil von ca. 45.000 EUR), nachdem Ausschreibung, Angebotsprüfung und Vergabe durch den GKR beschlossen worden waren.


Orgelgehäuse, Zustand vor der Restaurierung

Zunächst wurden alle Orgelpfeifen mit den zugehörigen mechanischen und pneumatischen Bauteilen (Ton -und Registermechanik, Klaviatur und Windladen usw.) aus dem Orgelgehäuse ausgebaut und in die Werkstatt des Orgelbaufachbetriebes Wünning, Großolbersdorf, verbracht.


Befund der vergoldeten Profile im Orgelprospekt

Dort begannen die Reparatur- und Restaurationsarbeiten. Dabei zeigte sich, dass der Schadensbefund größer war, als zuvor feststellbar. Ein Mehraufwand von ca. 10.000 EUR stand zu Buche. Durch einen Spendenaufruf angesprochen, spendeten viele Kirchenmitglieder, Helbraer und Auswertige sowie ortsansässigen Handwerks- und Industriefirmen dankenswerterweise bis heute ca. 6.500 €.
Zeitgleich begannen die restauratorischen Malerarbeiten bzw. die Neufassung des gesamten Orgelgehäuses mit besonderem Augenmerk auf das Orgelprospekt. Besonders bei der Klärung der Frage nach der ursprünglichen farblichen Erstfassung traten interessante Details zutage.


Dieses Bild gibt im Wesentlichen den Erst- bzw. Originalbefund des Orgelgehäuses wieder (Gehäuse einfarbig Cremeweis NCS-S 1510 Y und wenige Vergoldungen)

Zunächst trat unter der Oberfläche des Altanstrichs die sogenannte Zweitfassung in Gestalt einer Holzimitationsmalerei hervor. Diese einfarbige Farbfassung in Eiche hell gehalten und am Spieltisch weiterhin sichtbar, umfasste einst das komplette Gehäuse. Einzig geschmückt war diese Farbfassung lediglich durch wenige vergoldete Profilleisten und die vergoldeten Kapitelle der einfarbig gefassten Säulen des Orgelprospektes. In weiteren Arbeitsschritten stellte man dann eine noch ältere Fassung fest. Hierbei handelte es sich um einen schlichten Cremeton, verziert lediglich von einigen goldene Absetzungen sowie den komplett vergoldeten Kapitelle der sieben Säulen des Orgelprospektes. Tatsächlich ließ sich diese ältere Fassung als Erst- oder Originalfassung bestimmen.


Kapitell mit freigelegter Vergoldung, welche glücklicherweise relativ gut erhalten ist, so dass sich eine Freilegung und Retusche dieser lohnt
Beide historischen Farbgebungen galt es, ins Restaurationskonzept aufzunehmen und zugleich auch mit den schwarzen, rotbraunen und ockerbraunen Absetzungen der letzten aufliegenden Drittfassung abzustimmen. Zudem lohnte sich bei den Kapitellen die Freilegung und Retusche der Vergoldung, weil sie unter dem Altanstrich glücklicherweise gut erhalten war, sodass auf diese Weise das Orgelprospekt etwas von seinem ursprünglichem Glanz wiedererlangt hat, ohne das Raumgesamtbild zu stören.


Orgelprospekt nach Fertigstellung, mit wieder eingebauten Säulen

Dem handwerklichen Geschick und fachlichem Können der Mitarbeiter von Fa. Wehrmann, Bernsdorf, ist es zu danken, dass auf diese Weise das Orgelprospekt etwas von seinem ursprünglichem Glanz wiedererlangt hat, ohne das Raumgesamtbild zu stören. Im Gegenteil, die nun sichtbare Farbfassung (die vierte seit 1840) fügt sich nahtlos ins bestehende Farbkonzept ein, zudem wird sie dann im Verbund mit den neuen Prospektpfeifen den besonderen Raumcharakter dieser Kirche ganz erheblich unterstreichen.

Überzeugen Sie sich selbst!

Und bald auch vom neuen Klangbild: am Sonntag, 21. August 2016, 14.00 Uhr wird die Orgel mit einem Festgottesdienst wieder eingeweiht. Herzlich Einladung dazu!

Denn: Was lange währt, …wird letztlich gut!

Ihr

Steffen Richter, Pfr.

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* Einem ironischen Kommentar zum Dessauer Flugzeugtyp Junkers „JU 52“ folgend, über die man als „Grande Dame der Luftfahrt“ witzelte und ihr nachsagte, sie könne gar nicht mehr fliegen, so alt wie sie sei – und dennoch fliegt sie immer noch. In Analogie auch unsere Orgel: eigentlich dürfte sie nach ihrem Schadensbefund nicht mehr spielen – und dennoch spielte sie! Wenn auch nur noch wenige Register, aber immerhin! Sie begleitete immer noch unsere freudigen und traurigen Gemeindeanlässe! So kam es zu der kecken Bezeichnung „Tante JU“!