Singen im Regen

I’m singin’ in the rain(Ich singe im Regen), liebe Gemeindemitglieder,

dieses Lied kam mir spontan in den Sinn, als ich dieses farbenfrohe Foto sah. Den Regenbogen-Schirm noch aufgesapnnt, blickt die blonde Frau freudig erwartungsvoll in den Himmel. Wie der Lieddichter mag sie feststellen: Es ist ein herrliches Gefühl, wenn sich die stürmischen Wolken verziehen, der Regen aufhört und die Sonne herauskommt. Vieles im Leben fällt plötzlich leicht. Glücklich. Bereit für eine neue –alte- Liebe! Bereit für’s Leben!

Fühlt sich so Ostern an? Würde Maria Magdalena heute dieses Lied summen, wenn sie vom Karfreitags-Grab weghüpft, um am Ostermorgen die frohe Botschaft zu überbringen? „Ich habe den Herrn gesehen!“, riefe sie uns im Rhythmus des Liedes zu.

Ostern – Ich spüre Kraft fürs Leben. Ich genieße das Leben. Gerade im Frühling, wenn die Tulpen und Osterglocken sich ans Licht recken und mit Farbe die Beete betupfen. Dann ist es, als male einer die Erde neu, so schön bunt und farbenfroh wie der Regenbogen-Schirm.

Doch: Sie werden wiederkommen die Tage, an denen die Blüten der Osterglocken und die farbigen Tulpenblätter sich herabbiegen und zu Boden fallen. Manchmal ist es, als hielten die welkenden Blumen mir einen Spiegel vor. Er zeigt mir mein eigenes Leben, auch ich bin vergänglich. Nichts auf der Erde ist für ein Bleiben gedacht. Sie werden sich wieder über mir zusammenbrauen, die dunklen Regenwolken des Lebens. Das ist wohl so! Und dennoch: Einer hat dem Leben Dauer verliehen.

Ostern, da stand einer auf aus dem Grab. Gott malt uns damit ein Dasein in Regenbogenfarben vor Augen, das bleibt. Und wir sehen, was werden soll: Leben, das den Tod überwindet, kein Schmerz mehr, kein Leid, kein Geschrei.

Schwer vorstellbar – mag sein! Doch manchmal hebe ich den Blick gen Himmel, wie die blonde Frau mit ihrem Regenbogen-Schirm. Ich empfinde mich ebenso beschirmt und beschützt, wie der Beter des 91 Psalm sagt und hoffungsvoll betont:

„Du bist meine Zuversicht, du bist mein Gott, auf den ich hoffe.“

In dieser Hoffnung, für die sich ein Größerer verbürgt als wir Menschen, bin ich aufgehoben. Und ich spüre, wie ich Kraft gewinne für das fragile und doch so wunderbare Leben in der vergänglichen Welt. Oster-Kraft, um es zu lieben, zu hüten und zu bewahren – und zu singen im Regen.

In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich, Ihr Pfarrer Steffen Richter