Was lange währt, wird letztlich gut…
… so hofft der Gemeindekirchenrat des KGV Helbra und gab nach 15jährigem Spendensammeln und Sparen die Restauration der Orgel der St. Stephanus Kirche zu Helbra – liebevoll „Tante JU“* genannt – in Auftrag (ca. 82.000 EUR bei Eigenanteil von ca. 45.000 EUR), nachdem Ausschreibung, Angebotsprüfung und Vergabe durch den GKR beschlossen worden waren.
Orgelgehäuse, Zustand vor der Restaurierung
Zunächst wurden alle Orgelpfeifen mit den zugehörigen mechanischen und pneumatischen Bauteilen (Ton -und Registermechanik, Klaviatur und Windladen usw.) aus dem Orgelgehäuse ausgebaut und in die Werkstatt des Orgelbaufachbetriebes Wünning, Großolbersdorf, verbracht.
Befund der vergoldeten Profile im Orgelprospekt
Dort begannen die Reparatur- und Restaurationsarbeiten. Dabei zeigte sich, dass der Schadensbefund größer war, als zuvor feststellbar. Ein Mehraufwand von ca. 10.000 EUR stand zu Buche. Durch einen Spendenaufruf angesprochen, spendeten viele Kirchenmitglieder, Helbraer und Auswertige sowie ortsansässigen Handwerks- und Industriefirmen dankenswerterweise bis heute ca. 6.500 €.
Zeitgleich begannen die restauratorischen Malerarbeiten bzw. die Neufassung des gesamten Orgelgehäuses mit besonderem Augenmerk auf das Orgelprospekt. Besonders bei der Klärung der Frage nach der ursprünglichen farblichen Erstfassung traten interessante Details zutage.
Dieses Bild gibt im Wesentlichen den Erst- bzw. Originalbefund des Orgelgehäuses wieder (Gehäuse einfarbig Cremeweis NCS-S 1510 Y und wenige Vergoldungen)
Zunächst trat unter der Oberfläche des Altanstrichs die sogenannte Zweitfassung in Gestalt einer Holzimitationsmalerei hervor. Diese einfarbige Farbfassung in Eiche hell gehalten und am Spieltisch weiterhin sichtbar, umfasste einst das komplette Gehäuse. Einzig geschmückt war diese Farbfassung lediglich durch wenige vergoldete Profilleisten und die vergoldeten Kapitelle der einfarbig gefassten Säulen des Orgelprospektes. In weiteren Arbeitsschritten stellte man dann eine noch ältere Fassung fest. Hierbei handelte es sich um einen schlichten Cremeton, verziert lediglich von einigen goldene Absetzungen sowie den komplett vergoldeten Kapitelle der sieben Säulen des Orgelprospektes. Tatsächlich ließ sich diese ältere Fassung als Erst- oder Originalfassung bestimmen.
Kapitell mit freigelegter Vergoldung, welche glücklicherweise relativ gut erhalten ist, so dass sich eine Freilegung und Retusche dieser lohnt
Beide historischen Farbgebungen galt es, ins Restaurationskonzept aufzunehmen und zugleich auch mit den schwarzen, rotbraunen und ockerbraunen Absetzungen der letzten aufliegenden Drittfassung abzustimmen. Zudem lohnte sich bei den Kapitellen die Freilegung und Retusche der Vergoldung, weil sie unter dem Altanstrich glücklicherweise gut erhalten war, sodass auf diese Weise das Orgelprospekt etwas von seinem ursprünglichem Glanz wiedererlangt hat, ohne das Raumgesamtbild zu stören.
Orgelprospekt nach Fertigstellung, mit wieder eingebauten Säulen
Dem handwerklichen Geschick und fachlichem Können der Mitarbeiter von Fa. Wehrmann, Bernsdorf, ist es zu danken, dass auf diese Weise das Orgelprospekt etwas von seinem ursprünglichem Glanz wiedererlangt hat, ohne das Raumgesamtbild zu stören. Im Gegenteil, die nun sichtbare Farbfassung (die vierte seit 1840) fügt sich nahtlos ins bestehende Farbkonzept ein, zudem wird sie dann im Verbund mit den neuen Prospektpfeifen den besonderen Raumcharakter dieser Kirche ganz erheblich unterstreichen.
Überzeugen Sie sich selbst!
Und bald auch vom neuen Klangbild: am Sonntag, 21. August 2016, 14.00 Uhr wird die Orgel mit einem Festgottesdienst wieder eingeweiht. Herzlich Einladung dazu!
Denn: Was lange währt, …wird letztlich gut!
Ihr
Steffen Richter, Pfr.
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* Einem ironischen Kommentar zum Dessauer Flugzeugtyp Junkers „JU 52“ folgend, über die man als „Grande Dame der Luftfahrt“ witzelte und ihr nachsagte, sie könne gar nicht mehr fliegen, so alt wie sie sei – und dennoch fliegt sie immer noch. In Analogie auch unsere Orgel: eigentlich dürfte sie nach ihrem Schadensbefund nicht mehr spielen – und dennoch spielte sie! Wenn auch nur noch wenige Register, aber immerhin! Sie begleitete immer noch unsere freudigen und traurigen Gemeindeanlässe! So kam es zu der kecken Bezeichnung „Tante JU“!